Rhein-Neckar-Zeitung vom 28.03.2003
 
Weiter knarrend zum Königstuhl?
 
Zukunft der Bergbahn ungewiss - HSB will Verlängerung der Betriebsgenehmigung - Sanierungskonzept
 
Auch wenn sie nicht dem neuesten Stand der Technik entspricht, ist die große Frage, ob die alte Bergbahn nicht als Kulturdenkmal weiterfahren kann.  
Foto: Welker
 
Von Karin Katzenberger-Ruf
 
Wenn die Lufthansa mit der legendären "Tante Ju" Passagierflüge startet, kann dann die historische Heidelberger Bergbahn als ausgewiesenes "Kulturdenkmal" nicht auch Fahrgäste befördern - auch wenn sie nicht dem neuesten Stand der Technik entspricht? Solche Fragen kamen bei einer Informations- und Diskussionsveranstaltung im Spiegelsaal des Verwaltungsgebäudes Prinz Carl auf, in der Dr. Manfred Vogt als HSB-Vorstand für die Bereiche Vertrieb, Technik und Verkehr die Hoffnung äußerte, die bislang auf den 30. April befristete Betriebsgenehmigung für die Bahn könnte verlängert werden.
 
Seinen Worten nach steht demnächst eine Gesprächsrunde im Landesamt für Geologie, Bergbahn und Rohstoffe an, das im Sommer letzten Jahres die Stilllegung der Bergbahn aus Sicherheitsgründen ankündigte und umfangreiche Sanierungsmaßnahmen einforderte. Für die untere Bahn bis zur Molkenkur stünden die Chancen auf Verlängerung der Betriebsgenehmigung allerdings besser als für die obere bis zum Königstuhl, so Vogt.
 
Wie gefordert die 40 Zentimetern schmalen Türen zu verbreitern, sei eigentlich nicht möglich. Auch die Forderung, die Vergusskegel in der Zugseilverankerung (wegen angeblicher Schmelzgefahr bei einem Brand) durch eine Trommelbefestigung auszutauschen, käme, wie HSB-Planungsleiter Thomas Boroffka später erläuterte, einem kompletten Austausch des Fahrgestells gleich. Die alten Fahrzeuge seien damit "nicht zu halten".
Ein Hintertürchen erhofft er sich nun in einem Paragrafen des Landesseilbahngesetzes, der auch Ausnahmegenehmigungen vorsieht. Die Ziele der HSB und der Initiative "Freunde der Heidelberger Bergbahn" seien weitgehend identisch, bekräftigte Dr. Vogt in seinem Vortrag. Er erinnerte daran, dass die obere Bergbahn um einige Jahre jünger sei als die untere, die wiederum im Jahr 1961 komplett modernisiert worden sei. Doch auch dies ist inzwischen Geschichte.
Weil es im im unteren Teil ohnehin Kapazitätsprobleme gebe, sei die HSB, die irgendwann aus den roten Zahlen kommen und zu einem wirtschaftlichen Unternehmen werden wolle, zur einer umfangreichen Sanierung bereit, inklusive größerer und zugleich behindertengerechter Fahrzeuge, neuer Seilbahntechnik, automatischer Steuerung sowie des Umbaus der Haltestationen. Entsprechende Ausschreibungen seien in Vorbereitung.
Riemenantrieb Dorn im Auge
Es hätten aber schon zehn Unternehmen Interesse bekundet. "Wir sind zuversichtlich, dass wir eine Lösung finden", so der HSB-Vorstand. Der Nachweis, dass die Bergbahn auf diesem Abschnitt als öffentliches Nahverkehrsmittel fungiere, sei eigentlich schon erbracht. Neue Fahrzeuge könnten aus Landesmitteln mit 50 und der Ausbau der Stationen mit 75 Prozent bezuschusst werden. "Im Oktober stilllegen und im Frühjahr 2004 wieder eröffnen", so seine Vorstellung. Für die Königstuhlbahn sieht Vogt allerdings, wie bereits angedeutet, "einige Fragezeichen". Hier müsse nachgewiesen werden, dass die Technik verbessert werden könne, ohne komplett ausgetauscht werden zu müssen.
Wie Thomas Boroffka erläuterte, brachten Untersuchungen nach der Seilbahn-Katastrophe von Kaprun die Sache erst ins Rollen. Es wird nun aus Sicherheitsgründen verlangt, dass die Fahrgäste die Türen der Bahnen von innen öffnen können. Allerdings seien die Verhältnisse von Kaprun nicht auf Heidelberg übertragbar, weil es hier keine längeren Tunnel gebe.
Was macht den Charme der Bergbahn aus? Laut Gerhard Kaiser vom "Freundeskreis" ist es die "anheimelnde Altertümlichkeit", die offenbar viele Menschen schätzen. Immerhin sollen bei einer Unterschriftenaktion rund 5500 den Erhalt der Bergbahn gefordert haben. Ingolf Hetzel ging noch mehr ins Detail, schwärmte davon, dass "die Wagen so schön knarren". Die Bahn habe emotionalen, aber auch touristischen Wert. Fahrzeuge und Maschinenanlage im oberen Streckenabschnitt, der im Jahr 2001 sein 100-jähriges Bestehen feiern könne, müssten erhalten werden, und zwar "ohne Kompromisse", sagte er.
Nun soll der Riemenantrieb der Bahn der Aufsichtsbehörde schon seit längerem ein Dorn im Auge sein, berichtet Dr. Vogt. Doch auch er geriet angesichts des seit 1907 funktionierenden Elektromotors ins Schwärmen, der sich seiner Auffassung nach "weiter drehen" muss. "Die Pflastersteine im Schlosshof entsprechen auch nicht dem Stand der Technik", so der Vergleich von Ingolf Hetzel, der in seinem Plädoyer zum Erhalt der Bergbahn anführte, zwischen historischen Fahrzeugen und Gebäuden dürften eigentlich keine allzu großen Unterschiede gemacht werden. Er fand allerdings auch, die Bergbahn habe ein neues Marketing-Konzept nötig und müsse stärker als bisher in die Pauschalangebote des Verkehrsverbundes Rhein-Neckar mit einbezogen werden. Die anwesenden Mitglieder des Gemeinderates ermutigte er, doch einmal über Investitionen in das Kulturdenkmal nachzudenken. "Was ist Ihnen die Bergbahn wert?", lautete seine Frage.
Aus den Reihen des Publikums wurde Kritik dahingehend laut, dass bis zur Gesprächsrunde bei der Aufsichtsbehörde, zu der auch ein Sachverständiger hinzugezogen werden soll, nur noch wenig Zeit sei. Mit Skepsis reagierten viele auf die Aussage von Dr. Vogt, die da lautete: "Selbst wenn die Bahn steht, ist das Spiel noch nicht zu Ende." Dieser nahm aus dem Publikum allerdings auch dankbar den Vorschlag zur Kenntnis, in Sachen "Gutachten" doch einmal das Institut für Fördertechnik in Stuttgart zu Rate zu ziehen.
<<
aktion bahn bilder home kontakt legal info links meinung presse recht über uns